Zahl der #Privatinsolvenzen steigt: Was tun, wenn nichts mehr geht?

Die Pleitewelle kommt nicht näher – sie ist da! 2021 wurden nach ersten Schätzungen deutlich mehr Privatinsolvenzen angemeldet als die Jahre zuvor.

Erschienen ist dieser im Magazin Stadtlichter, NordMagazine Verlag, Eickholt & Naujoks GbR, Feldstraße 37, 21335 Lüneburg, stadtlichter.com.
Foto: pixabay

Als Ursachen für den Anstieg der Pleiten auf ein neues Rekordhoch sehen die Experten neben Corona auch die jüngste Gesetzesänderung beim Privatinsolvenzverfahren. Diese erlaubt es Betroffenen, in drei Jahren ihre Schulden loszuwerden. Vorher waren es sechs Jahre. Um von dem Gesetz zu profitieren, haben viele ihren Insolvenzantrag zurückgehalten.

Mehr als jedem zehnten Deutschen über 18 Jahren steht schon heute das Wasser bis zum Hals. Finanzielle Hilfen in Zeiten der Pandemie gab es für Verbraucher kaum. Dagegen steuern die Unternehmensinsolvenzen dank staatlicher Überbrückungsmaßnahmen in der Coronakrise sogar auf einen Tiefstand zu. Das zeigt eine Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform.

Allerdings haben viele Firmen wohl nur Zeit gewonnen, eine Pleite wurde dank der Hilfsgelder lediglich hinausgeschoben und die wahre Wirtschaftslage verschleiert. Schon bald könnte es auch hier heißen: Rien ne va plus…

NICHT DEN KOPF IN DEN SAND STECKEN

Daniela De Matteis vom Verein Schuldenhilfe sofort e.V. (www.schuldenhilfe-sofort.de) in #Lüneburg hat mit ihrem Team schon zahlreichen Menschen dabei helfen können, sich von ihren Geldsorgen zu befreien. Menschen, die völlig den Überblick über ihre Schulden verloren haben, Raten nicht mehr bezahlen können, Mahn- und Vollstreckungsbescheide erhalten haben oder vor einer Kontopfändung stehen. „Wir stellen zwar gerade erst die konkreten Zahlen für das vergangene Jahr zusammen. Klar ist aber jetzt schon, es sind deutlich mehr, die sich in Not befinden“, so die Diplom-Pädagogin. „Und wir erwarten auch keine schnelle Trendumkehr. Ganz im Gegenteil.“

Wer in der Schuldenfalle steckt, sollte nicht den Kopf in den Sand stecken. Ohne ein wenig Eigeninitiative und planvolles Vorgehen geht es nicht. Ein ehrlicher Kassensturz kann ein guter Anfang sein, sagt Daniela De Matteis. Das heißt: Einfach mal auflisten, welche Schulden man hat, wie viele Zinsen darauf anfallen und wann das Geld spätestens zurückgezahlt sein muss. „Wer zu uns kommt, muss keine Hemmschwelle haben und auch keine Sorge vor Kosten. Unsere Hilfe ist kostenfrei.“

Frührentnerin Iris K. aus #Westergellersen hat ihren ersten Termin in der #Schuldnerberatung gerade erst hinter sich: „Ich musste all meinen Mut zusammennehmen, jetzt aber bin ich froh, dass man mir zuhört und mir hilft. Aus einer gescheiterten Ehe sind mir nur Schulden übrig geblieben. Ich habe große Angst, schon bald den Strom nicht mehr bezahlen zu können!“

 ARBEITSLOSIGKEIT DER HAUPTGRUND FÜR ÜBERSCHULDUNG

Laut des jährlichen Überschuldungsreports des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg aus 2021 ist Arbeitslosigkeit in 23 Prozent der Fälle der Grund für eine Schuldnerberatung, gefolgt von Krankheit (rund 11 Prozent) und Scheidung oder Trennung (knapp 10 Prozent). Insgesamt waren damit nahezu die Hälfte der Fälle (rund 45 Prozent) Ereignissen zuzurechnen, auf die Betroffene oft nur eingeschränkten Einfluss haben.

In eine Verschuldungsspirale geraten die meisten in der Regel nicht von jetzt auf gleich. Es gibt jedoch einige Warnzeichen wie ein ständig genutzter Dispokredit. Die Möglichkeit, sein Konto zu überziehen, verführt schnell dazu, mehr Geld auszugeben, als man hat. Und viele Shops locken noch zusätzlich mit Ratenkäufen.

Ungemütlich wird’s, wenn dann irgendwann nicht mehr die Miete gezahlt wird, weil andere Gläubiger drängeln. Dann kann der Vermieter im schlimmsten Fall die Wohnung kündigen und Obdachlosigkeit droht. Wenn die unbezahlten Forderungen und Rechnungen sich häufen, heißt es in erster Linie: schnell handeln!

In der kommenden Woche hat Iris K. ihren zweiten Termin in der #Schuldnerberatungsstelle. „Ich will mich nicht weiter verkriechen vor den Schulden. Zunächst soll versucht werden, ob eventuell die Möglichkeit für einen Vergleich da ist mit meinen Gläubigern.“ Sie habe ein wenig Hoffnung, dass doch noch alles gut wird, erzählt sie weiter: „Vielleicht ist es ja doch nicht so schlimm, wie ich dachte, denn eine Privatinsolvenz ist ja in jedem Fall immer nur die zweitbeste Lösung…“

PRIVATINSOLVENZ IST KEIN KÖNIGSWEG

Tatsächlich ist die Privatinsolvenz keineswegs ein Königsweg, um schnell wieder „flüssig“ zu werden und Schulden ganz bequem loszuwerden, obwohl dieser Irrglaube weit verbreitet ist.

Auch wenn man seit Kurzem bereits nach drei Jahren eine Restschuldbefreiung erhält – die so genannte ,,Wohlhaltensperiode“ kann ziemlich beschwerlich sein und man muss sich zudem an feste Spielregeln halten. So muss unter anderem die finanzielle Situation offengelegt werden. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Vermieter werden über die Insolvenz informiert. Auch muss man sich um zumutbare Arbeit bemühen, wobei man nicht selbst entscheiden kann, was für einen gerade noch „zumutbar“ ist. Zudem müssen Gewinne aus Gewinnspielen, Lotterien etc. oberhalb einer Bagatellgrenze herausgeben werden, auch Erbschaften zur Hälfte. Wer diese und weitere Auflagen nicht erfüllt, fliegt aus der Insolvenz raus und muss Verfahrenskosten (zusätzlich) zahlen. (RT)

WEITERE INFORMATIONEN:

Schuldenhilfe sofort e.V.
Auf der Altstadt 35
21335 Lüneburg.

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10-16 Uhr
Offene Sprechzeiten ohne Termin: Di 10-15 Uhr

Quelle: Erschienen ist dieser im Magazin Stadtlichter, NordMagazine Verlag, Eickholt & Naujoks GbR, Feldstraße 37, 21335 Lüneburg, stadtlichter.com.
Foto: pixabay

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